
Der Wasserglas-Test ist oft ungenau und führt zu falschen Pflegeroutinen.
- Ihre Haarporosität ist nicht statisch; sie ändert sich durch Hormone, Stress und die verwendeten Produkte.
- Die Beobachtung der Trockenzeit und der Elastizität Ihres Haares liefert weitaus zuverlässigere Diagnosen.
Empfehlung: Behandeln Sie Ihr Haar wie ein individuelles Experiment und passen Sie Produkte gezielt an die Bedürfnisse einzelner Haarpartien an, anstatt sich auf einen einzigen Test zu verlassen.
Sie kennen das Gefühl: Das Badezimmer ist gefüllt mit teuren Haarprodukten, aber keines scheint wirklich zu funktionieren. Entweder liegt die Pflege schwer und fettig auf dem Haar oder es fühlt sich eine Stunde nach dem Auftragen wieder strohig und trocken an. Auf der Suche nach Antworten stoßen viele auf den Begriff der Haarporosität und den vermeintlich genial einfachen Wasserglas-Test. Man legt ein Haar in ein Glas Wasser und je nachdem, ob es schwimmt, sinkt oder in der Mitte schwebt, soll man seine Porosität – und damit die goldene Regel für die eigene Haarpflege – bestimmen können.
Doch was, wenn ich Ihnen als Trichologin (Haarwissenschaftlerin) sage, dass dieser Test oft mehr Verwirrung stiftet als Klarheit bringt? Die Oberflächenspannung des Wassers, Produktrückstände oder die Dicke des Haares können das Ergebnis massiv verfälschen. Die wahre Ursache für Ihre Frustration ist nicht unbedingt die Porosität selbst, sondern die weit verbreitete Annahme, dass sie ein fester, unveränderlicher Zustand sei. In Wahrheit ist die Porosität Ihres Haares dynamisch. Sie verändert sich.
Dieser Artikel ist Ihr analytischer Leitfaden, Ihr persönliches Labor-Handbuch. Wir werden den Mythos des Wasserglas-Tests hinter uns lassen und stattdessen lernen, die Sprache Ihres Haares zu verstehen. Wir werden diagnostische Methoden anwenden, die auf Beobachtung basieren, um die tatsächlichen Bedürfnisse Ihres Haares zu entschlüsseln. Anstatt einem starren Ergebnis zu folgen, lernen Sie, die Reaktionen Ihres Haares auf Produkte, Hormone und sogar Stress zu interpretieren. So werden Sie zur Expertin für Ihr eigenes Haar und finden endlich eine Routine, die nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Realität funktioniert.
Um die komplexen Zusammenhänge der Haarstruktur und der passenden Pflegestrategien zu meistern, ist dieser Leitfaden in präzise, aufeinander aufbauende Abschnitte unterteilt. Jeder Teil widmet sich einer spezifischen diagnostischen Frage, um Ihnen ein umfassendes Verständnis zu vermitteln.
Inhaltsverzeichnis: Der analytische Leitfaden zur dynamischen Haarporosität
- Warum perlen Pflegestoffe an Ihrem Haar ab und wie öffnen Sie die Schuppenschicht?
- Wie versiegeln Sie geschädigtes Haar, damit Feuchtigkeit nicht sofort wieder entweicht?
- Protein-Overload: Was tun, wenn Haare plötzlich strohig und hart werden?
- LOC-Methode (Liquid, Oil, Cream): In welcher Reihenfolge pflegen Sie Locken richtig?
- Wann ändert sich die Haarstruktur durch Hormone (Schwangerschaft/Wechseljahre)?
- Wie testen Sie die Pilling-Neigung von Wollpullovern direkt im Laden?
- Telogenes Effluvium: Was passiert mit der Haarwurzel bei Dauerstress?
- Silikone vs. silikonfrei: Welches Produkt passt wirklich zu Ihrer Haarstruktur?
Warum perlen Pflegestoffe an Ihrem Haar ab und wie öffnen Sie die Schuppenschicht?
Wenn Sie feststellen, dass Wasser und Pflegeprodukte von Ihrem Haar regelrecht abperlen, anstatt einzuziehen, ist das ein klares Indiz für geringe Porosität. Die Schuppenschicht (Kutikula) Ihres Haares liegt sehr flach und eng an. Das ist grundsätzlich ein Zeichen für gesundes Haar, macht es aber auch resistent gegenüber Feuchtigkeit und Nährstoffen. Anstatt sich auf den Wasserglas-Test zu verlassen, ist die Trockenzeit der verlässlichste Indikator: Haare mit geringer Porosität benötigen oft mind. 5 Stunden oder länger, um vollständig an der Luft zu trocknen.
Das Ziel ist nicht, die Haarstruktur dauerhaft zu verändern, sondern die Kutikula temporär und gezielt zu öffnen, damit die Pflege eindringen kann. Eine aggressive Öffnung durch hohe Hitze oder chemische Behandlungen würde das Haar schädigen. Stattdessen wenden wir eine sanfte Methode der Kutikula-Manipulation an. Leichte Wärme ist hier Ihr wichtigstes Werkzeug. Beginnen Sie Ihre Waschroutine mit warmem (nicht heißem) Wasser, um die Schuppenschicht sanft anzuheben.
Verwenden Sie leichte Produkte auf Wasserbasis wie Gele, Seren oder Haar-Milch, die kleinere Moleküle enthalten und leichter eindringen können. Schwere Öle und Buttercremes sollten vermieden werden, da sie sich nur auf die Oberfläche legen und zu „Build-up“ führen. Die „Squish to Condish“-Methode, bei der Sie den Conditioner mit Wasser in die Haare kneten und pressen, anstatt ihn nur aufzutragen, hilft mechanisch dabei, die Feuchtigkeit in den Haarschaft zu drücken.
Wie versiegeln Sie geschädigtes Haar, damit Feuchtigkeit nicht sofort wieder entweicht?
Das genaue Gegenteil von gering porösem Haar ist hohe Porosität. Hier steht die Schuppenschicht offen, oft als Folge von chemischen Behandlungen (Färben, Blondieren), Hitzestyling oder Umwelteinflüssen. Das Haar saugt Feuchtigkeit und Produkte wie ein Schwamm auf, verliert sie aber genauso schnell wieder. Das Resultat: Das Haar fühlt sich schnell trocken an, neigt zu Frizz und bricht leicht. Ein untrügliches Zeichen ist die extrem schnelle Trockenzeit; oft trocknen hochporöse Haare bereits in ca. 1-2 Stunden vollständig.
Das Problem wird vom heyCurlz Expertenteam in deren Ratgeber treffend beschrieben:
Feuchtigkeit und Nährstoffe dringen sehr schnell ein, gehen aber aufgrund der offenen Schuppenschicht sehr schnell wieder verloren.
– heyCurlz Expertenteam, heyCurlz Haarporosität-Ratgeber
Die strategische Lösung ist das Versiegeln. Nachdem Sie Feuchtigkeit (Liquid) und pflegende Cremes (Cream) aufgetragen haben, benötigen Sie eine letzte Schicht, die die Schuppenschicht glättet und die Feuchtigkeit einschließt. Hier kommen Öle und Butter ins Spiel. Sie bilden einen schützenden Film um den Haarschaft, der das Entweichen von Feuchtigkeit verlangsamt und das Haar vor äußeren Einflüssen schützt.

Die Auswahl des richtigen Öls ist dabei entscheidend. Während leichte Öle wie Jojoba- oder Arganöl oft ausreichen, kann bei stark geschädigtem Haar auch schwereres Rizinusöl oder Sheabutter notwendig sein. Diese Versiegelungsschicht ist der wichtigste Schritt, um den Teufelskreis aus schneller Austrocknung zu durchbrechen und die Haarstruktur langfristig zu stärken.
Protein-Overload: Was tun, wenn Haare plötzlich strohig und hart werden?
Gesundes Haar benötigt eine feine Balance aus Feuchtigkeit und Proteinen. Proteine (wie Keratin) geben dem Haar Struktur und Stärke, während Feuchtigkeit für Elastizität und Geschmeidigkeit sorgt. Ein häufiger Fehler in der Haarpflege ist die Annahme, dass „viel hilft viel“. Insbesondere bei hochporösem Haar greifen viele zu proteinreichen Kuren, um die geschädigte Struktur zu „reparieren“. Dies kann jedoch zu einem Protein-Overload führen: Das Haar wird mit Proteinen überladen, verliert seine Flexibilität und wird paradoxerweise brüchig, strohig und hart.
Wenn Ihr Haar trotz intensiver Pflege plötzlich spröde und unelastisch wirkt, ist es Zeit für eine genaue Diagnose. Anstatt weiter zu raten, können Sie mit einem einfachen Elastizitätstest schnell Klarheit gewinnen. Dieser Test gibt Ihnen eine direkte Rückmeldung über die aktuelle Protein-Feuchtigkeits-Balance Ihres Haares.
Ihre 5-Punkte-Diagnose: Protein-Balance prüfen
- Nehmen Sie ein einzelnes, nasses Haar (am besten eines, das natürlich ausgefallen ist) zwischen Daumen und Zeigefinger.
- Ziehen Sie das Haar vorsichtig und langsam auseinander und beobachten Sie die Reaktion genau.
- Sofortiger Bruch: Das Haar reißt fast ohne Dehnung. Dies ist ein klares Zeichen für Proteinmangel und Trockenheit.
- Starke Dehnung ohne Rückfederung: Das Haar dehnt sich wie ein Gummiband, zieht sich aber nicht mehr in seine ursprüngliche Form zurück oder kräuselt sich. Dies deutet auf einen Feuchtigkeitsmangel hin.
- Hart und unelastisch: Das Haar lässt sich kaum dehnen und fühlt sich steif an, bevor es bricht. Dies ist das klassische Symptom eines Protein-Overloads.
Bestätigt der Test einen Protein-Overload, ist die Lösung ein sofortiger Stopp aller proteinhaltigen Produkte (achten Sie auf Inhaltsstoffe wie „Hydrolyzed Keratin“, „Silk Protein“, „Collagen“). Konzentrieren Sie sich ausschließlich auf feuchtigkeitsspendende Produkte (Moisture-Kuren, Leave-ins auf Aloe-Vera-Basis) für die nächsten Haarwäschen, bis das Haar seine Elastizität zurückgewinnt.
LOC-Methode (Liquid, Oil, Cream): In welcher Reihenfolge pflegen Sie Locken richtig?
Die richtige Reihenfolge beim Auftragen von Produkten ist keine Frage des persönlichen Geschmacks, sondern reine Physik. Insbesondere für lockiges und Afro-Haar haben sich zwei Methoden etabliert, die auf dem Prinzip des Schichtens basieren: die LOC-Methode (Liquid, Oil, Cream) und die LCO-Methode (Liquid, Cream, Oil). Die Wahl zwischen den beiden hängt direkt von Ihrer Haarporosität ab und entscheidet darüber, ob die Feuchtigkeit im Haar eingeschlossen wird oder die Produkte nur schwer auf der Oberfläche liegen.
Die Logik dahinter ist einfach: Die flüssige Komponente (L) spendet Feuchtigkeit, während die öligen (O) und cremigen (C) Komponenten diese Feuchtigkeit versiegeln und pflegen. Die Frage ist nur, in welcher Reihenfolge versiegelt wird. Wie eine vergleichende Analyse gängiger Methoden zeigt, gibt es hier eine klare Empfehlung basierend auf der Porosität, die auch mit erschwinglichen Produkten aus deutschen Drogerien wie dm oder Rossmann umsetzbar ist.
| Methode | Reihenfolge | Beste für | Produkte (dm/Rossmann) |
|---|---|---|---|
| LOC | Liquid → Oil → Cream | Hohe Porosität | Aloe Vera (Alnatura), dmBio Jojobaöl, Alverde Haarbutter |
| LCO | Liquid → Cream → Oil | Niedrige Porosität | Garnier Hair Food, Cantu Curl Cream, Arganöl |
Für hochporöses Haar (LOC-Methode) ist es entscheidend, die aufgesogene Feuchtigkeit (Liquid) zuerst mit einem Öl (Oil) einzuschließen, das tief in die Lücken der Schuppenschicht eindringt. Die reichhaltige Creme (Cream) bildet dann eine zusätzliche äußere Schutzschicht. Bei niedrigporösem Haar (LCO-Methode) würde ein Öl als zweite Schicht das Haar nur beschweren und das Eindringen der Creme blockieren. Hier wird die Creme (Cream) direkt nach der Feuchtigkeit aufgetragen. Das leichtere Öl (Oil) dient am Ende nur als feiner, äußerer Glanz- und Schutzfilm, ohne das Haar zu überladen.
Wann ändert sich die Haarstruktur durch Hormone (Schwangerschaft/Wechseljahre)?
Einer der überzeugendsten Beweise für die dynamische Natur der Haarporosität sind hormonelle Veränderungen im Leben einer Frau. Viele Frauen berichten, dass sich ihre Haarstruktur während der Schwangerschaft, nach der Geburt oder in den Wechseljahren drastisch verändert. Locken können plötzlich glatter werden, glattes Haar kann Wellen entwickeln und – was für die Pflege entscheidend ist – die Porosität kann sich komplett wandeln. Dies zu ignorieren und an einer alten Routine festzuhalten, ist eine der Hauptursachen für Frustration.
Hormonelle Schwankungen, insbesondere bei Östrogen, beeinflussen den Wachstumszyklus und die Struktur der Haarfollikel. Das neu wachsende Haar kann eine völlig andere Beschaffenheit haben als die älteren Längen und Spitzen. Dies führt zu einem Phänomen, das Experten als „gemischte Porosität“ bezeichnen.
Fallbeispiel: Gemischte Porosität in der Schwangerschaft
Eine von heyCurlz dokumentierte Beobachtung zeigt, dass viele Frauen während hormoneller Umstellungen eine gemischte Porosität entwickeln. Der Haaransatz, also das frisch gewachsene Haar, weist oft eine niedrige Porosität auf und ist gesund und glänzend. Die Längen und Spitzen, die vor der hormonellen Umstellung gewachsen sind, können jedoch durch frühere Behandlungen oder einfach durch Alterung hochporös bleiben. Das Festhalten an einer einzigen Pflegeroutine für das gesamte Haar führt unweigerlich zu Problemen: Reichhaltige Produkte für die Spitzen überladen den Ansatz, während leichte Produkte die Spitzen nicht ausreichend pflegen. Die klinische Lösung ist eine differenzierte Pflege: Leichte, feuchtigkeitsspendende Produkte für den Ansatz und reichhaltigere, versiegelnde Cremes und Öle gezielt für die Längen und Spitzen.
Diese Beobachtung unterstreicht, warum ein starrer Glaube an „den einen Haartyp“ scheitern muss. Anstatt Ihr Haar als eine homogene Einheit zu betrachten, müssen Sie lernen, es in Zonen zu denken. Fühlen Sie den Unterschied zwischen Ansatz und Spitzen. Testen Sie Produkte auf kleinen Strähnen in verschiedenen Bereichen. In Phasen hormoneller Veränderung ist es ratsam, die Porosität alle paar Monate neu zu bewerten und die Pflegeroutine flexibel anzupassen.
Wie testen Sie die Pilling-Neigung von Wollpullovern direkt im Laden?
Auf den ersten Blick mag dieser Titel in einem Artikel über Haarpflege deplatziert wirken. Doch als Wissenschaftlerin lade ich Sie ein, die Metapher zu erkennen. „Pilling“ bei Wolle beschreibt die Bildung kleiner Faserknötchen durch Reibung, wenn die einzelnen Fasern aufgeraut und beschädigt sind. Übertragen wir dieses Konzept auf unser Haar: Frizz, Verknotungen und ein strohiges Gefühl sind im Grunde nichts anderes als das „Pilling“ unserer Haare, verursacht durch eine aufgeraute, hochporöse Schuppenschicht.
So wie ein Textil-Experte die Qualität einer Wollfaser durch Fühlen und Reiben beurteilt, müssen wir lernen, die Textur unseres Haares zu „lesen“. Es geht darum, eine taktile Sensibilität zu entwickeln. Anstatt sich auf einen einzigen, isolierten Test zu verlassen, empfehlen Experten, verschiedene diagnostische Methoden zu kombinieren, um ein vollständiges Bild zu erhalten. Eine Studie legt nahe, dass für eine verlässliche Diagnose mindestens 3 verschiedene Tests oder Beobachtungsmethoden kombiniert werden sollten.

Die drei zuverlässigsten „Tests“ sind keine Laborexperimente, sondern aufmerksame Beobachtungen in Ihrem Alltag:
- Der Trockenzeit-Test: Wie lange braucht Ihr Haar zum Trocknen? (Lange = niedrig, kurz = hoch)
- Der Fühl-Test: Fahren Sie mit den Fingern an einer Strähne von der Spitze zum Ansatz. Fühlt es sich glatt an (niedrig) oder spüren Sie deutliche Unebenheiten (hoch)?
- Der Sprüh-Test: Sprühen Sie Wasser auf eine trockene Strähne. Perlt es ab (niedrig) oder wird es sofort aufgesaugt (hoch)?
Die Kombination dieser drei Beobachtungen liefert ein weitaus genaueres und zuverlässigeres Bild Ihrer Haarporosität als jeder Wasserglas-Test es je könnte. Es ist die wissenschaftliche Methode der Triangulation, angewendet auf Ihre Haarpflege.
Telogenes Effluvium: Was passiert mit der Haarwurzel bei Dauerstress?
Die Verbindung zwischen psychischem Zustand und Haargesundheit ist wissenschaftlich gut belegt. Chronischer Stress kann zu einem Zustand namens Telogenes Effluvium führen, bei dem eine große Anzahl von Haaren vorzeitig aus der Wachstumsphase (Anagenphase) in die Ruhephase (Telogenphase) übergeht und etwa drei Monate später vermehrt ausfällt. Doch der Einfluss von Stress endet nicht mit dem Haarausfall. Er wirkt sich auch direkt auf die Qualität und Porosität der verbleibenden und nachwachsenden Haare aus.
Stresshormone wie Cortisol können die Blutzufuhr zu den Haarfollikeln beeinträchtigen, was zu einer schlechteren Nährstoffversorgung führt. Das Haar, das unter diesen Bedingungen wächst oder verbleibt, ist oft schwächer, dünner und hat eine beeinträchtigte Struktur. Wie Lockenbox-Expertin Kristina in einem Ratgeber hervorhebt, ist die Porosität hier ein Schlüsselfaktor für das Erscheinungsbild.
Das verbleibende Haar ist oft schwächer und poröser. Eine an die Porosität angepasste Pflege kann das Erscheinungsbild der Haardichte während der Genesungsphase optisch verbessern.
– Lockenbox Expertin Kristina, Lockenbox Porosität-Ratgeber
Dies bestätigt erneut unsere Kernthese der dynamischen Porosität. Stress ist kein statischer Zustand, und die Reaktion Ihres Haares darauf ist es auch nicht. Wenn Sie eine Phase intensiven Stresses durchleben, sollten Sie Ihre Haare besonders aufmerksam beobachten. Führen Sie ein Haartagebuch: Notieren Sie, wie Ihr Haar auf verschiedene Produkte reagiert, wie schnell es trocknet und wie es sich anfühlt. Entwickeln Sie eine Intuition für seine veränderten Bedürfnisse. Möglicherweise benötigt Ihr Haar in Stressphasen mehr stärkende Proteine oder, im Gegenteil, mehr sanfte Feuchtigkeit, weil es spröder geworden ist. Eine flexible, beobachtungsbasierte Anpassung Ihrer Routine ist der effektivste Weg, um Ihr Haar durch diese schwierigen Phasen zu unterstützen.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Wasserglas-Test ist unzuverlässig; beobachten Sie stattdessen Trockenzeit und Elastizität, um Ihre Haarporosität zu bestimmen.
- Ihre Haarporosität ist dynamisch und wird von Hormonen, Stress und Ihrer Pflegeroutine beeinflusst, was eine flexible Anpassung erfordert.
- Die richtige Reihenfolge der Produkte (LOC/LCO) und die gezielte Wahl von Silikonen hängen direkt von Ihrer aktuellen Porosität ab und sind entscheidend für den Pflegeerfolg.
Silikone vs. silikonfrei: Welches Produkt passt wirklich zu Ihrer Haarstruktur?
Die Debatte um Silikone in der Haarpflege wird oft emotional und undifferenziert geführt. Viele Marken werben mit „silikonfrei“ als ultimativem Qualitätsmerkmal. Aus trichologischer Sicht ist diese Pauschalisierung jedoch irreführend. Silikone sind nicht per se „gut“ oder „schlecht“ – sie sind Werkzeuge. Ihre Wirkung hängt ausschließlich davon ab, ob das richtige Werkzeug für die richtige Aufgabe (also die richtige Haarporosität) gewählt wird.
Es gibt verschiedene Arten von Silikonen, die sich hauptsächlich in ihrer Wasserlöslichkeit unterscheiden. Diese Eigenschaft bestimmt, ob sie sich leicht auswaschen lassen oder ob sie sich auf dem Haar ablagern („Build-up“) und es beschweren können. Die richtige Wahl ist daher eine direkte Funktion Ihrer Haarporosität. Eine von ÖKO-TEST zitierte Einschätzung fasst dies prägnant zusammen: „Wasserlösliche Silikone können für hochporöses Haar ein Segen sein, während sie für geringporöses Haar zu Build-up führen.“
Für eine klare Orientierung beim Einkauf in der Drogerie kann eine einfache „Silikon-Ampel“ helfen:
| Kategorie | Silikon-Typ | Beispiele | Geeignet für |
|---|---|---|---|
| Grün | Wasserlöslich | Dimethicone Copolyol, Polysiloxane | Alle Porositäten |
| Gelb | Bedingt auswaschbar | Amodimethicone, Dimethiconol | Hohe Porosität (mit Tiefenreinigung) |
| Rot | Hartnäckig | Dimethicone, Cyclomethicone | Vermeiden bei niedriger Porosität |
Für niedrigporöses Haar, das bereits eine glatte Oberfläche hat, sind schwer lösliche Silikone (Rot) pures Gift. Sie lagern sich ab, versiegeln das Haar gegen dringend benötigte Feuchtigkeit und führen zu einem leblosen, beschwerten Gefühl. Hier sind silikonfreie oder ausschließlich Produkte mit wasserlöslichen Silikonen (Grün) die beste Wahl. Für hochporöses Haar hingegen können bedingt auswaschbare (Gelb) und sogar schwer lösliche Silikone (Rot) vorteilhaft sein. Sie füllen die Lücken in der Schuppenschicht, glätten die Oberfläche, reduzieren Frizz und bieten einen effektiven Schutzfilm. Die Bedingung hierfür ist jedoch eine regelmäßige Tiefenreinigung mit einem klärenden Shampoo, um Ablagerungen zu entfernen.
Betrachten Sie Ihr Haar ab heute als Ihr persönliches Forschungsprojekt. Führen Sie Beobachtungen durch, stellen Sie Hypothesen auf und testen Sie gezielt einzelne Variablen. Nur so entwickeln Sie eine Pflegeroutine, die wirklich auf die dynamischen und individuellen Bedürfnisse Ihres Haares eingeht und zu nachhaltig gesunden Ergebnissen führt.