
Entgegen der verbreiteten Meinung ist die Frage nicht, ob ein Inhaltsstoff „gut“ oder „böse“ ist, sondern ob er im Kontext Ihrer Haarstruktur und Umweltbedingungen funktioniert.
- Wasserlösliche Silikone können für feines Haar vorteilhaft sein, während Sulfate für eine fettige Kopfhaut notwendig sein können.
- Die Wirksamkeit einer Formel hängt von der Synergie aller Inhaltsstoffe ab, nicht von der Verteufelung einzelner Substanzen.
Empfehlung: Lernen Sie, die Funktion hinter den Namen auf der INCI-Liste zu erkennen, um Produkte zu wählen, die ein spezifisches Problem lösen, anstatt pauschalen Marketing-Trends zu folgen.
Die Debatte um Silikone, Sulfate und andere Inhaltsstoffe in der Haarpflege ist oft von Emotionen und Halbwissen geprägt. Viele Verbraucher fühlen sich verunsichert, gefangen zwischen dem Wunsch nach „sauberer“, natürlicher Kosmetik und Produkten, die tatsächlich eine spürbare Wirkung zeigen. Die Regale in den Drogeriemärkten sind voll von „frei von“-Versprechen, die suggerieren, dass bestimmte Substanzen per se schädlich sind. Diese Schwarz-Weiß-Sichtweise führt jedoch häufig in die Irre und ignoriert die komplexen Zusammenhänge der Formulierungschemie.
Als Entwicklungschemikerin für Haarkosmetik sehe ich Inhaltsstoffe aus einer anderen Perspektive: nicht als Feinde, sondern als Werkzeuge. Jede Substanz hat eine spezifische Funktion, ihre Vor- und Nachteile. Der Schlüssel zu gesunder und schöner Haarpflege liegt nicht darin, ganze Stoffgruppen zu meiden, sondern zu verstehen, wie sie wirken und in welchem Kontext sie für Ihren individuellen Haartyp und Ihre Lebensumstände sinnvoll sind. Was für dickes, trockenes Haar ein Segen ist, kann feines Haar beschweren. Was in Regionen mit weichem Wasser funktioniert, kann bei kalkhaltigem Wasser zu Ablagerungen führen.
Doch was, wenn der wahre Schlüssel nicht die Vermeidung von Inhaltsstoffen ist, sondern das Verständnis ihrer kontextabhängigen Wirksamkeit? Dieser Artikel entmystifiziert die wichtigsten Inhaltsstoff-Gruppen. Statt einfacher „gut“ oder „böse“ Urteile erhalten Sie das Rüstzeug, um die Wissenschaft hinter den Kulissen zu verstehen und fundierte Entscheidungen für Ihr Haar zu treffen. Wir analysieren, wann ein Silikon Ihr Freund ist, wie Sie pflegende von austrocknenden Alkoholen unterscheiden und warum der Begriff „natürlich“ oft mehr Marketing als Realität ist.
Dieser Leitfaden navigiert Sie durch den Dschungel der Inhaltsstoffe. Jede Sektion widmet sich einer spezifischen Frage und liefert Ihnen faktenbasierte, praxisnahe Antworten, damit Sie zukünftig selbstbewusst die Rückseite Ihrer Produkte entschlüsseln können.
Inhaltsverzeichnis: Silikone, Sulfate & Co. – der ultimative INCI-Check
- Warum sind wasserlösliche Silikone für feines Haar oft besser als ihr Ruf?
- Wie aggressiv reinigen Sulfate und wer sollte zwingend darauf verzichten?
- Fettalkohol vs. Austrocknender Alkohol: Wie unterscheiden Sie gute von schlechten Alkoholen?
- Das Risiko von Produktablagerungen und wie ein Tiefenreinigungsshampoo hilft
- Wann ist „eine haselnussgroße Menge“ bei Conditioner zu wenig?
- Wie entschlüsseln Sie die Rückseite Ihrer Mascara ohne Chemie-Studium?
- Warum darf sich eine Creme „natürlich“ nennen, auch wenn nur 1% Pflanzen drin sind?
- Warum trocknet Heizungsluft Ihre Haare aus und welche Maske hilft wirklich?
Warum sind wasserlösliche Silikone für feines Haar oft besser als ihr Ruf?
Silikone sind in der Haarpflege wahrscheinlich die am meisten dämonisierte Inhaltsstoffgruppe. Der Vorwurf: Sie würden das Haar mit einer Plastikschicht versiegeln, es beschweren und die Aufnahme von Nährstoffen verhindern. Diese pauschale Verurteilung ignoriert jedoch einen entscheidenden Faktor: die Formulierungschemie und die Existenz verschiedener Silikon-Arten. Insbesondere für feines Haar können wasserlösliche Silikone eine effektive Lösung sein, um Glanz und Kämmbarkeit zu verbessern, ohne den gefürchteten „Build-up“-Effekt.
Im Gegensatz zu ihren schwereren, wasserunlöslichen Verwandten (z.B. Dimethicone) lassen sich wasserlösliche Silikone (z.B. Dimethicone Copolyol, Cyclomethicone) bei der nächsten Haarwäsche leicht mit Wasser ausspülen. Sie legen sich wie ein hauchdünner, atmungsaktiver Film um das Haar, glätten die aufgeraute Schuppenschicht und reduzieren Frizz. Das Ergebnis ist ein verbessertes sensorisches Profil: Das Haar fühlt sich geschmeidiger an und lässt sich leichter entwirren, was Haarbruch vorbeugt. Gerade bei feinem Haar, das schnell an Volumen verliert, ist diese leichte Schutzschicht oft vorteilhafter als schwere, rein ölbasiere Pflegeprodukte.
Ein weiterer wichtiger Kontextfaktor ist die Wasserhärte. In vielen Regionen Deutschlands ist das Wasser sehr kalkhaltig, was das Haar stumpf und spröde machen kann. Eine Studie bestätigt, dass die durchschnittliche Wasserhärte in Deutschland bei etwa 16 °dH liegt, wobei Regionen in Süd- und Ostdeutschland oft Werte über 20 dH aufweisen. Ein leichtes, wasserlösliches Silikon kann hier als Schutzbarriere gegen Kalkablagerungen dienen, ohne das Haar langfristig zu belasten.
Wie aggressiv reinigen Sulfate und wer sollte zwingend darauf verzichten?
Sulfate, insbesondere Sodium Laureth Sulfate (SLES) und Sodium Lauryl Sulfate (SLS), sind Tenside, die für ihre starke Reinigungs- und Schaumwirkung bekannt sind. Ihre Hauptaufgabe ist es, Fett und Schmutz effektiv vom Haar und der Kopfhaut zu lösen. Doch genau diese Effizienz hat ihnen den Ruf eingebracht, aggressiv und austrocknend zu sein. Die Wahrheit liegt, wie so oft, im Detail und ist stark vom individuellen Zustand der Kopfhaut abhängig. Eine aktuelle Marktanalyse zeigt, dass dieses Thema relevant ist: Eine Umfrage ergab, dass 74 % der Deutschen zwischen April 2024 und 2025 Probleme mit dem Haar oder der Kopfhaut hatten.
Für Menschen mit einer sehr fettigen Kopfhaut oder Personen, die viele Stylingprodukte verwenden, können sulfathaltige Shampoos notwendig sein, um Ablagerungen gründlich zu entfernen und die Kopfhaut sauber zu halten. Eine unzureichende Reinigung kann zu verstopften Follikeln und Kopfhautproblemen führen. Die starke Reinigungskraft von Sulfaten wird hier zum Vorteil. Die entscheidende Frage ist also nicht „sind Sulfate schlecht?“, sondern „sind Sulfate für *mich* geeignet?“.
Zwingend verzichten sollten hingegen Personen mit empfindlicher, trockener oder zu Ekzemen neigender Kopfhaut. Die starke entfettende Wirkung kann die natürliche Hautbarriere stören, den pH-Wert aus dem Gleichgewicht bringen und zu Juckreiz, Schuppen und Irritationen führen. Auch bei coloriertem Haar ist Vorsicht geboten, da Sulfate die Farbpigmente schneller auswaschen können. Für diese Gruppen sind milde Tenside wie Zuckertenside (z.B. Coco-Glucoside, Decyl Glucoside) die deutlich bessere Wahl. Sie reinigen sanfter und schonen die Kopfhaut.
Die folgende Tabelle gibt einen schnellen Überblick über die verschiedenen Tensid-Arten und ihre Eigenschaften:
| Tensid-Art | Reinigungskraft | Hautverträglichkeit | Geeignet für |
|---|---|---|---|
| Sodium Laureth Sulfate | Sehr stark | Kann reizen | Fettiges Haar |
| Coco-Glucoside | Mild | Sehr gut | Empfindliche Kopfhaut |
| Zuckertenside | Sanft | Exzellent | Alle Haartypen |
Fettalkohol vs. Austrocknender Alkohol: Wie unterscheiden Sie gute von schlechten Alkoholen?
Das Wort „Alkohol“ auf einer INCI-Liste löst bei vielen Verbrauchern sofort Alarm aus. Es wird mit Austrocknung und Haarschäden assoziiert. Doch hier ist eine der wichtigsten Differenzierungen in der Kosmetikchemie zu treffen: Es gibt „gute“, pflegende Alkohole und „schlechte“, potenziell austrocknende Alkohole. Sie zu unterscheiden, ist entscheidend für die Wahl der richtigen Pflege.
Fettalkohole wie Cetyl Alcohol, Stearyl Alcohol oder Cetearyl Alcohol sind die „guten“ Alkohole. Chemisch gesehen sind es langkettige Alkohole, die aus pflanzlichen Fetten gewonnen werden. Ihre Molekülstruktur verleiht ihnen wachsartige, pflegende Eigenschaften. In Conditionern, Masken und Cremes fungieren sie als Emulgatoren (verbinden Wasser und Öl), Konsistenzgeber und vor allem als pflegende Wirkstoffe. Sie glätten die Haaroberfläche, spenden Feuchtigkeit und machen das Haar weich und geschmeidig, ohne es zu beschweren. Sie sind ein fundamentaler Baustein für ein gutes sensorisches Profil.

Auf der anderen Seite stehen kurzkettige Alkohole wie Alcohol denat. (denaturierter Alkohol) oder Isopropyl Alcohol. Diese sind die „schlechten“ oder austrocknenden Alkohole. Sie sind sehr flüchtig und verdunsten schnell, was ihnen konservierende Eigenschaften verleiht und das Trocknen von Stylingprodukten wie Haarspray beschleunigt. In hohen Konzentrationen, besonders am Anfang der INCI-Liste, können sie dem Haar und der Kopfhaut jedoch Feuchtigkeit entziehen und sie spröde machen. In geringen Mengen am Ende der Liste sind sie oft unproblematisch. Eine einfache Faustregel lautet: Suchen Sie nach den Namen mit „Cetyl“, „Stearyl“ oder „Cetearyl“ – diese sind Ihre Freunde. Meiden Sie Produkte, bei denen „Alcohol denat.“ weit oben auf der Zutatenliste steht, es sei denn, es handelt sich um ein spezifisches Stylingprodukt, bei dem die schnelle Trocknung erwünscht ist.
Das Risiko von Produktablagerungen und wie ein Tiefenreinigungsshampoo hilft
Der sogenannte „Build-up“-Effekt ist ein häufiges Problem, das oft falsch diagnostiziert wird. Das Haar wirkt plötzlich kraftlos, stumpf, lässt sich schwer stylen und fühlt sich trotz Waschen nicht richtig sauber an. Die Ursache sind Ablagerungen von Produktresten (insbesondere nicht-wasserlösliche Silikone, schwere Öle und Wachse aus Stylingprodukten) sowie Mineralien aus hartem Wasser, wie Kalk. Diese Schicht umhüllt das Haar, verhindert, dass Pflege eindringen kann und beschwert es.
Hier kommt das Tiefenreinigungsshampoo (auch Clarifying Shampoo genannt) ins Spiel. Es ist formuliert, um diese hartnäckigen Rückstände gründlich zu entfernen – etwas, das ein mildes Alltagsshampoo oft nicht schafft. Solche Shampoos enthalten in der Regel stärkere Tenside und oft auch sogenannte Chelatbildner wie Tetrasodium EDTA. Diese speziellen Inhaltsstoffe haben die Fähigkeit, Mineralionen (wie Kalzium und Magnesium aus hartem Wasser) zu „greifen“ und zu binden, sodass sie mit dem Wasser ausgespült werden können. Sie bekämpfen also nicht nur Produktreste, sondern auch die „Kalkseife“, die sich auf dem Haar bildet.
Ein Tiefenreinigungsshampoo ist jedoch kein Produkt für die tägliche Anwendung. Da es sehr intensiv reinigt, sollte es nur bei Bedarf eingesetzt werden – je nach Wasserhärte und Produktverwendung etwa einmal pro Woche oder alle zwei Wochen. Nach der Anwendung ist das Haar sozusagen „resettet“ und wieder aufnahmefähig für pflegende Masken und Conditioner. Personen mit sehr empfindlicher Kopfhaut oder frisch gefärbtem Haar sollten es mit Vorsicht verwenden und sich langsam herantasten.
Ihr Plan zur Diagnose von Ablagerungen: Der Clarifying-Check für Zuhause
- Test vorbereiten: Mischen Sie einen Teelöffel Natron (Natriumbicarbonat) mit einer normalen Menge Ihres silikonfreien Shampoos.
- Anwendung: Waschen Sie eine einzelne, verdeckte Haarsträhne mit dieser Mischung und spülen Sie sie gründlich aus.
- Textur prüfen: Fühlen Sie die gewaschene Strähne im nassen und trockenen Zustand. Fühlt sie sich deutlich rauer, „quietschiger“ oder strohiger an als der Rest des Haares?
- Ergebnis deuten: Ein raues Gefühl deutet stark darauf hin, dass eine Schicht aus Ablagerungen entfernt wurde und die eigentliche, möglicherweise poröse Haarstruktur zum Vorschein kommt.
- Maßnahmen ergreifen: Wenn der Test positiv ist, verwenden Sie ein Tiefenreinigungsshampoo für das gesamte Haar, gefolgt von einer intensiven Feuchtigkeitsmaske.
Wann ist „eine haselnussgroße Menge“ bei Conditioner zu wenig?
Die Anweisung „eine haselnussgroße Menge verwenden“ ist eine der häufigsten und zugleich ungenauesten Empfehlungen auf Haarpflegeprodukten. Während diese Dosierung für kurzes, feines Haar ausreichend sein mag, ist sie für langes, dickes, poröses oder stark geschädigtes Haar oft bei Weitem nicht genug. Die richtige Menge an Conditioner ist keine Einheitsgröße, sondern hängt von mehreren Faktoren ab: Haarlänge, Haardichte und Haarporosität.
Die Porosität ist hierbei der entscheidende, oft übersehene Faktor. Poröses Haar, dessen Schuppenschicht aufgeraut ist (z.B. durch Blondierung, Hitzestyling oder genetische Veranlagung), saugt Pflegeprodukte auf wie ein Schwamm. Es benötigt eine deutlich größere Menge an Conditioner, um die Lücken in der Haarstruktur zu füllen, die Schuppenschicht zu glätten und Feuchtigkeit einzuschließen. Feines, gering poröses Haar hingegen hat eine geschlossene Schuppenschicht und wird von zu viel Produkt schnell beschwert. Hier ist weniger tatsächlich mehr.

Ein guter Test ist die „Slip“-Probe: Tragen Sie den Conditioner auf das nasse Haar auf und arbeiten Sie ihn mit den Fingern ein. Fühlen Sie nicht genug „Rutschigkeit“ (Slip), um Ihre Finger mühelos durch die Strähnen gleiten zu lassen, benötigen Sie mehr Produkt. Der Trend zu konzentrierteren Formulierungen, wie festen Shampoos und Conditionern, spiegelt sich auch in Marktdaten wider, was ein Produktionswert von 54 Millionen Euro für feste Haarwaschmittel im Jahr 2023 unterstreicht. Diese Produkte erfordern eine andere Art der Dosierung, verdeutlichen aber das Prinzip, dass die Wirkstoffkonzentration entscheidend ist.
Als Faustregel gilt:
- Feines, kurzes bis schulterlanges Haar: Eine haselnussgroße Menge.
- Normales, schulterlanges bis langes Haar: Eine walnussgroße Menge.
- Dickes, lockiges oder sehr langes Haar: Zwei walnussgroße Mengen oder mehr, bis das Haar sich gesättigt anfühlt.
Wie entschlüsseln Sie die Rückseite Ihrer Mascara ohne Chemie-Studium?
Obwohl dieser Artikel sich auf Haarpflege konzentriert, sind die Prinzipien zum Lesen einer INCI-Liste (Internationale Nomenklatur für kosmetische Inhaltsstoffe) universell. Nehmen wir als vereinfachtes Beispiel eine Mascara, um die grundlegende Logik zu verstehen, die Sie dann auf jedes Shampoo oder jeden Conditioner anwenden können. Die wichtigste Regel lautet: Die Inhaltsstoffe sind in absteigender Reihenfolge ihrer Konzentration aufgeführt. Was an erster Stelle steht, ist am meisten enthalten.
Der erste Inhaltsstoff ist fast immer Aqua (Wasser), die Basis der meisten Formulierungen. Danach folgen die Substanzen, die die Hauptwirkung und Textur des Produkts ausmachen. Bei einer Mascara sind das typischerweise Wachse wie Cera Alba (Bienenwachs) oder Copernicia Cerifera Cera (Carnaubawachs), die für Volumen, Halt und Länge sorgen. Danach kommen die Farbpigmente, z.B. CI 77499 (Eisenoxide) für schwarze Farbe. Alle Inhaltsstoffe, deren Konzentration unter 1 % liegt, können am Ende der Liste in beliebiger Reihenfolge aufgeführt werden. Hier finden sich oft Konservierungsstoffe, Duftstoffe oder spezielle Wirkstoffe, die nur in geringer Dosis benötigt werden.
Diese Logik hilft Ihnen, Marketing-Versprechen zu entlarven. Wenn ein Produkt mit wertvollem Arganöl beworben wird, dieses aber erst ganz am Ende der INCI-Liste nach dem Parfum auftaucht, ist seine Konzentration verschwindend gering. Die folgende Tabelle entschlüsselt typische Mascara-Inhaltsstoffe, die aber auch in Haarpflegeprodukten (insbesondere Wachse in Stylingprodukten) zu finden sind.
| Inhaltsstoff | Funktion | Wirkung |
|---|---|---|
| Aqua | Basis | Lösungsmittel und Verdünnung |
| Cera Alba (Bienenwachs) | Textur | Volumen und Halt |
| CI 77499 (Eisenoxide) | Farbstoff | Schwarze Farbe |
| Paraffin | Wachs | Wasserfestigkeit |
| Copernicia Cerifera | Carnaubawachs | Länge und Definition |
Für eine schnelle Überprüfung im Geschäft gibt es nützliche Helfer. Gerade in deutschen Drogerien wie dm oder Rossmann können Apps eine große Hilfe sein:
- CodeCheck App: Ermöglicht das Scannen von Barcodes und gibt eine Bewertung der Inhaltsstoffe basierend auf wissenschaftlichen Daten und Expertenmeinungen.
- ToxFox vom BUND: Fokussiert sich auf die Erkennung potenziell hormonell wirksamer Schadstoffe.
Warum darf sich eine Creme „natürlich“ nennen, auch wenn nur 1% Pflanzen drin sind?
Der Begriff „natürlich“ ist auf Kosmetikprodukten allgegenwärtig, aber rechtlich kaum geschützt. Dies führt zu einem Phänomen namens „Greenwashing“, bei dem Produkte durch eine grüne Aufmachung und blumige Versprechen natürlicher erscheinen, als sie es tatsächlich sind. Ein entscheidender Grund für diese Verwirrung ist die internationale ISO-Norm 16128. Diese Norm definiert, wann ein Inhaltsstoff als „natürlich“ oder „natürlichen Ursprungs“ gelten darf, wird aber von deutschen Verbraucherschützern stark kritisiert.
Das Problem der ISO 16128 ist ihre hohe Flexibilität. Ein Produkt darf als „natürlichen Ursprungs“ beworben werden, selbst wenn es chemisch stark verarbeitete Rohstoffe enthält und mit synthetischen Duftstoffen, Silikonen oder Erdölderivaten kombiniert wird. Die Norm gibt lediglich an, wie der prozentuale Anteil an natürlichen Inhaltsstoffen berechnet wird, setzt aber keinen Mindestanteil für das Endprodukt fest. Theoretisch könnte eine Creme mit 99% synthetischen Stoffen und 1% Pflanzenextrakt als „mit natürlichen Inhaltsstoffen“ beworben werden, was für Verbraucher höchst irreführend ist.
Um dieser Irreführung zu entgehen, sollten Verbraucher in Deutschland nicht auf vage Werbeaussagen, sondern auf zertifizierte Naturkosmetik-Siegel achten. Diese Siegel stellen strenge Anforderungen an die Formulierung und garantieren, dass unabhängige Kontrollen stattgefunden haben. Die bekanntesten und strengsten Siegel im deutschen Markt sind BDIH und NATRUE.
- BDIH („kontrollierte Naturkosmetik“): Dieses Siegel verbietet synthetische Farb- und Duftstoffe, Silikone, Paraffine und andere Erdölprodukte. Es setzt auf Rohstoffe aus kontrolliert-biologischem Anbau.
- NATRUE: Dieses Siegel geht noch einen Schritt weiter und definiert in drei Stufen (Naturkosmetik, Naturkosmetik mit Bio-Anteil, Biokosmetik) strenge Mindestanteile für natürliche Inhaltsstoffe und Maximalanteile für naturnahe Stoffe. Mindestens 75 % der Produkte einer Marke müssen zertifiziert sein, um Greenwashing zu verhindern.
Diese Siegel sind der verlässlichste Wegweiser zu echter Naturkosmetik und bieten eine Sicherheit, die der Begriff „natürlich“ allein nicht leisten kann.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Wirkung eines Inhaltsstoffs (z.B. Silikon) ist kontextabhängig und kann je nach Haartyp und Formulierung positiv oder negativ sein.
- Strenge Naturkosmetik-Siegel wie NATRUE und BDIH bieten mehr Sicherheit als vage Begriffe wie „natürlich“, die durch Normen wie ISO 16128 ermöglicht werden.
- Die richtige Produktmenge und die gelegentliche Tiefenreinigung sind ebenso entscheidend für die Haargesundheit wie die Auswahl der Inhaltsstoffe selbst.
Warum trocknet Heizungsluft Ihre Haare aus und welche Maske hilft wirklich?
Im Winter kämpfen viele Menschen mit trockenem, fliegendem und elektrisch aufgeladenem Haar. Der Hauptschuldige ist die trockene Heizungsluft in Innenräumen. Warme Luft kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen, aber wenn kalte Außenluft drinnen erwärmt wird, sinkt ihre relative Luftfeuchtigkeit drastisch. Diese trockene Luft entzieht buchstäblich die Feuchtigkeit aus allem, was sie umgibt – auch aus unserer Haut und unseren Haaren. Das Keratin im Haar verliert an Wasser, wird spröde, rau und anfälliger für Haarbruch.
Um diesem Effekt entgegenzuwirken, braucht es eine strategische Feuchtigkeitspflege, die über einen einfachen Conditioner hinausgeht. Eine wirksame Maske für den Winter basiert auf der Humectant-Occlusive-Strategie. Das ist ein Zwei-Schritt-Ansatz aus der Hautpflege, der sich perfekt auf das Haar übertragen lässt:
- Schritt 1: Feuchtigkeit anziehen (Humectants): Zuerst werden Feuchthaltemittel auf das Haar aufgetragen. Das sind Stoffe wie Glycerin, Hyaluronsäure, Panthenol oder Honig. Sie ziehen Wassermoleküle aus der Umgebung (oder aus dem nassen Haar nach dem Waschen) an und binden sie in der Haarstruktur.
- Schritt 2: Feuchtigkeit einschließen (Occlusives): Damit die frisch zugeführte Feuchtigkeit nicht sofort wieder an die trockene Raumluft verdunstet, muss sie versiegelt werden. Hier kommen okklusive (einschließende) Stoffe ins Spiel. Das sind reichhaltige Öle und Butter wie Sheabutter, Squalan, Lanolin oder auch mineralische Öle. Sie bilden eine schützende Barriere auf der Haaroberfläche.
Eine gute Winter-Haarmaske kombiniert also beide Wirkstoffgruppen. Suchen Sie nach Produkten, die sowohl Glycerin oder Panthenol als auch Sheabutter oder reichhaltige Öle enthalten. Trotz wirtschaftlicher Herausforderungen bleibt dieses Thema für viele relevant, was eine Umfrage belegt, nach der 38 % der Deutschen der Haarpflege den Vorrang vor anderer Kosmetik einräumen. Ein zusätzlicher Tipp ist die Verwendung eines Luftbefeuchters im Schlaf- oder Wohnzimmer, um die Luftfeuchtigkeit auf ideale 40-60 % zu erhöhen.
Ihr Weg zu gesundem Haar beginnt nicht mit dem Kauf eines neuen Produkts, sondern mit einem neuen Verständnis für die Werkzeuge, die Ihnen zur Verfügung stehen. Setzen Sie dieses Wissen ein, um die Produkte zu finden, die nicht nur einem Trend folgen, sondern wirklich zu den Bedürfnissen Ihres Haares passen.