
Naturkosmetik-Siegel garantieren keine 100%ige Reinheit, sondern lediglich die Einhaltung eines Regelwerks mit signifikanten regulatorischen Lücken.
- Der hohe Wasseranteil in Cremes ermöglicht eine trügerische Deklaration von über 90% „natürlichen Inhaltsstoffen“.
- Selbst streng zertifizierte Produkte dürfen potenziell allergene Duftstoffe aus natürlichen ätherischen Ölen enthalten.
Empfehlung: Vertrauen Sie nicht blind dem Logo. Führen Sie Ihren eigenen Verbraucher-Audit durch, indem Sie die INCI-Liste kritisch prüfen und die gesamte Produktphilosophie – inklusive Verpackung – bewerten.
Im unübersichtlichen Kosmetikmarkt versprechen Begriffe wie „natürlich“, „clean“ oder „bio“ eine sichere Oase für die Haut. Als kritischer Verbraucher in Deutschland suchen Sie nach Orientierung und vertrauen dabei oft auf anerkannte Siegel wie NATRUE, BDIH oder Demeter. Sie gelten als Goldstandard, als verlässliche Garanten dafür, dass keine schädlichen Silikone, Parabene oder Mineralöle enthalten sind. Man geht davon aus: Wo ein Siegel prangt, ist reine Natur drin. Doch diese Annahme ist eine gefährliche Vereinfachung.
Als Auditorin für Bio-Zertifizierungen prüfe ich tagtäglich die Einhaltung dieser Standards. Meine Erfahrung zeigt: Ein Siegel ist kein unüberwindbarer Schutzwall gegen cleveres Marketing, sondern ein Rahmenwerk mit definierten Grenzen – und ebenso definierten Lücken. Die Kunst des Greenwashings besteht nicht mehr darin, plump zu lügen, sondern diese Grauzonen meisterhaft auszunutzen. Die wahre Kompetenz für Verbraucher liegt nicht darin, Logos auswendig zu lernen, sondern die Methodik hinter den Siegeln zu verstehen und ihre Schwachstellen zu kennen.
Die entscheidende Frage ist also nicht, *welches* Siegel das beste ist, sondern *wie* man die Versprechen eines jeden Siegels richtig interpretiert. Es geht darum zu lernen, wie eine Auditorin zu denken: kritisch, faktenbasiert und ganzheitlich. Dieser Artikel wird Sie mit genau diesem Insider-Wissen ausstatten. Wir analysieren, warum Wasser als „natürlicher Füllstoff“ dient, welche Risiken in ätherischen Ölen lauern und wann sich der Aufpreis für Bio-Qualität wirklich lohnt. Sie lernen, die Integrität einer Formulierung jenseits des Marketing-Sprechs zu bewerten.
Die folgende Analyse führt Sie Schritt für Schritt durch die kritischen Prüfpunkte, die über echtes Engagement für Nachhaltigkeit und Hautgesundheit entscheiden. Der strukturierte Überblick hilft Ihnen, die für Sie relevantesten Aspekte schnell zu erfassen.
Inhaltsverzeichnis: Die Wahrheit hinter den Naturkosmetik-Siegeln
- Warum darf sich eine Creme „natürlich“ nennen, auch wenn nur 1% Pflanzen drin sind?
- Wie reagiert die Haut in den ersten 4 Wochen beim Wechsel von Silikon auf Pflanzenöl?
- Airless-Spender oder Tiegel: Welche Verpackung schützt unkonservierte Cremes?
- Das Risiko von ätherischen Ölen in Bio-Produkten für Allergiker
- Wann lohnt sich der Aufpreis für Bio-Qualität bei Wash-off-Produkten wie Duschgel?
- Welche innovativen Materialien revolutionieren 2024 Ihren Kleiderschrank?
- Zertifizierte Naturkosmetik oder Apotheken-Marken: Was ist sicherer?
- Drogerie oder Parfümerie: Wo lohnt sich der Aufpreis für Schönheitsprodukte wirklich?
Warum darf sich eine Creme „natürlich“ nennen, auch wenn nur 1% Pflanzen drin sind?
Dies ist eine der größten regulatorischen Lücken und ein Paradebeispiel für „Schein-Natürlichkeit“. Die Antwort liegt in der Definition von „Inhaltsstoffen natürlichen Ursprungs“ gemäß Normen wie ISO 16128. Diese Norm, auf die sich viele Hersteller ohne offizielles Siegel berufen, erlaubt es, Wasser als Inhaltsstoff natürlichen Ursprungs zu zählen. Da die meisten Cremes und Lotionen zu 60-80% aus Wasser (Aqua) bestehen, ist es für Hersteller ein Leichtes, eine Deklaration wie „95% Inhaltsstoffe natürlichen Ursprungs“ zu erreichen, selbst wenn der Anteil an wertvollen Pflanzenextrakten verschwindend gering ist.
Eine Analyse der Verbraucherzentrale Hamburg zeigt, wie durch einen hohen Wasseranteil schnell 97% Inhaltsstoffe natürlichen Ursprungs deklariert werden, obwohl die Formulierung neben Wasser hauptsächlich aus wenigen, günstigen Basis-Ölen besteht. Seriöse Siegel wie NATRUE und BDIH wirken dem entgegen, indem sie Mindestanteile an echten Bio-Inhaltsstoffen (ohne Wasser) vorschreiben. Dennoch bleibt die hohe Konzentration von Wasser ein legales Mittel, um ein Produkt „natürlicher“ erscheinen zu lassen, als es ist. Ein kritischer Blick auf die INCI-Liste ist daher unerlässlich: Steht „Aqua“ an erster Stelle und folgen danach viele synthetische Stoffe, ist die Werbeaussage kritisch zu hinterfragen.
Die ÖKO-TEST-Analyse von Drogerieprodukten in Deutschland bestätigt dieses Vorgehen. Viele als „naturnah“ beworbene Produkte nutzen den Wasseranteil, um hohe Prozentwerte zu erreichen, während sie gleichzeitig problematische synthetische Polymere oder Duftstoffe enthalten, die in zertifizierter Naturkosmetik verboten wären. Der erste Schritt eines Verbraucher-Audits ist also immer, den Wasseranteil gedanklich aus der Gleichung zu streichen und die Qualität der danach folgenden Inhaltsstoffe zu bewerten.
Wie reagiert die Haut in den ersten 4 Wochen beim Wechsel von Silikon auf Pflanzenöl?
Der Wechsel von konventioneller Kosmetik mit Silikonen zu zertifizierter Naturkosmetik ist für die Haut ein Entzugsprozess. Silikone legen sich wie ein glättender Film auf die Haut, füllen feine Linien auf und verhindern den Feuchtigkeitsverlust. Sie haben jedoch keinen pflegenden Nährwert und können die Eigenregulation der Haut beeinträchtigen. Beim Umstieg muss die Haut lernen, ihre Talgproduktion und ihren Feuchtigkeitshaushalt wieder selbst zu steuern. Dieser Prozess, oft als „Erstverschlimmerung“ bezeichnet, ist ein positives Zeichen der Anpassung, kann aber frustrierend sein.
In den ersten ein bis zwei Wochen (Reinigungsphase) kann die Haut trockener wirken oder vermehrt Unreinheiten produzieren. Das liegt daran, dass die jahrelang unterdrückte Talgproduktion nun wieder anläuft und die Haut von Ablagerungen befreit wird. Danach beginnt die eigentliche Anpassungsphase, in der die Hautbarriere sich mithilfe der Nährstoffe aus den Pflanzenölen langsam regeneriert. Echte Pflanzenöle liefern Vitamine, Antioxidantien und essenzielle Fettsäuren, die tief in die Haut eindringen und sie von innen heraus stärken, anstatt nur eine oberflächliche Schicht zu bilden.

Wie die Visualisierung andeutet, ist es ein Übergang von einer künstlich geglätteten Oberfläche zu einer authentisch gesunden Hautstruktur. Geduld ist hier der entscheidende Faktor. Nach etwa 28 Tagen, einem vollständigen Hauterneuerungszyklus, hat sich die Haut meist stabilisiert und zeigt die wahren Vorteile von Pflanzenölen: eine verbesserte Elastizität, eine gestärkte Barriere und eine natürliche Ausstrahlung.
Ihr 4-Wochen-Plan zur Hautumstellung
- Woche 1-2 (Reinigungsphase): Verwenden Sie milde, tensidfreie Reinigungsprodukte, z.B. von deutschen Drogeriemarken wie Alverde oder Alterra, um die Haut nicht zusätzlich zu reizen.
- Woche 2-3 (Anpassungsphase): Beruhigen Sie die Haut mit Hydrolaten (Pflanzenwässern) und verwenden Sie leichte, nicht-komedogene Pflanzenöle wie Jojoba- oder Traubenkernöl.
- Woche 3-4 (Stabilisierungsphase): Führen Sie je nach Hauttyp schrittweise reichhaltigere Öle ein, z.B. Arganöl bei trockener Haut oder Wildrosenöl zur Regeneration.
- Woche 4+ (Optimierungsphase): Beobachten Sie Ihre Haut genau und passen Sie die Pflege an. Eventuell benötigt sie morgens ein leichteres und abends ein reichhaltigeres Öl.
Airless-Spender oder Tiegel: Welche Verpackung schützt unkonservierte Cremes?
Die Formulierungsintegrität eines Naturkosmetikprodukts hängt nicht nur von den Inhaltsstoffen ab, sondern maßgeblich von seiner Verpackung. Da zertifizierte Naturkosmetik auf synthetische Konservierungsstoffe wie Parabene verzichtet und stattdessen auf Alkohol, ätherische Öle oder milde organische Säuren setzt, ist sie anfälliger für mikrobielle Kontamination und Oxidation durch Luftkontakt. Die Wahl der Verpackung ist daher kein Design-Aspekt, sondern ein entscheidender Sicherheitsfaktor.
Der Airless-Spender gilt als die sicherste Option. Er funktioniert mit einem Unterdrucksystem, das das Produkt nach oben pumpt, ohne dass Luft oder Finger mit dem Inhalt in Berührung kommen. Dies schützt empfindliche, antioxidantienreiche Formulierungen optimal vor dem Verfall und verlängert ihre Haltbarkeit. Der Glastiegel hingegen setzt das Produkt bei jeder Anwendung Luft und potenziellen Keimen von den Fingern aus. Er ist nur für sehr stabile Formulierungen oder Produkte mit einem höheren Anteil an natürlichen Konservierungsstoffen geeignet.
Hier zeigt sich jedoch ein typischer Zielkonflikt zwischen Produktschutz und Nachhaltigkeit. Wie die Verbraucherzentrale Hamburg in einer Analyse nachhaltiger Verpackungslösungen betont, ist die Recyclingfähigkeit von Airless-Spendern oft problematisch:
Ein Airless-Spender schützt das Produkt besser, ist aber aufgrund des Materialmixes im ‚Gelben Sack‘ oft schwer recycelbar.
– Verbraucherzentrale Hamburg, Analyse nachhaltiger Verpackungslösungen
Ein Glastiegel lässt sich hervorragend recyceln, bietet aber weniger Schutz. Aluminiumtiegel stellen einen guten Kompromiss dar. Die folgende Tabelle fasst die wichtigsten Eigenschaften zusammen.
| Verpackungstyp | Produktschutz | Recyclingfähigkeit | Eignung für Naturkosmetik |
|---|---|---|---|
| Airless-Spender | Sehr hoch (kein Luftkontakt) | Schwierig (Materialmix) | Optimal für empfindliche Formulierungen |
| Glastiegel | Mittel (Luftkontakt beim Öffnen) | Sehr gut (100% recycelbar) | Gut bei stabilen Formulierungen |
| Aluminiumtiegel | Mittel-hoch | Gut (Wertstoffkreislauf) | Gut, leicht, bruchsicher |
Das Risiko von ätherischen Ölen in Bio-Produkten für Allergiker
Der Begriff „natürlich“ wird oft fälschlicherweise mit „sanft“ oder „hypoallergen“ gleichgesetzt. Dies ist ein gefährlicher Trugschluss, insbesondere im Bereich der Naturkosmetik. Viele Produkte werden mit natürlichen ätherischen Ölen beduftet und konserviert. Diese Öle sind zwar pflanzlichen Ursprungs, aber sie sind hochkonzentrierte chemische Verbindungen, die ein erhebliches allergenes Potenzial bergen. Substanzen wie Limonene (aus Zitrusfrüchten), Linalool (aus Lavendel) oder Geraniol (aus Rosen) können bei empfindlichen Personen Kontaktallergien auslösen oder verschlimmern.
Die EU-Kosmetikverordnung schreibt vor, dass 26 potenziell allergene Duftstoffe auf der INCI-Liste separat aufgeführt werden müssen, wenn sie eine bestimmte Konzentration überschreiten. Diese Regel gilt ohne Ausnahme auch für zertifizierte Naturkosmetik. Ein NATRUE- oder BDIH-Siegel ist also keine Garantie für ein allergenfreies Produkt. Es garantiert lediglich, dass die Duftstoffe natürlichen Ursprungs sind und nicht synthetisch hergestellt wurden. Für einen Allergiker macht dies jedoch keinen Unterschied – die allergische Reaktion wird durch die chemische Struktur des Moleküls ausgelöst, nicht durch seine Herkunft.
Für Menschen mit empfindlicher Haut oder bekannten Duftstoffallergien ist es daher unerlässlich, Produkte aus dem „parfümfrei“- oder „sensitiv“-Segment zu wählen. Glücklicherweise bieten viele deutsche Naturkosmetik-Marken wie i+m (Freistil Sensitiv) oder Santaverde (pure) spezielle Linien an, die komplett auf zugesetzte Duftstoffe verzichten. Der Verbraucher-Audit für Allergiker lautet daher: Ignorieren Sie die verlockenden Duftbeschreibungen auf der Vorderseite und scannen Sie das Ende der INCI-Liste gezielt auf Namen, die auf -ol, -al oder -ene enden.
Wann lohnt sich der Aufpreis für Bio-Qualität bei Wash-off-Produkten wie Duschgel?
Das „Wash-off-Dilemma“ stellt Verbraucher vor eine schwierige Entscheidung: Soll man für ein Produkt, das nur wenige Sekunden auf der Haut verbleibt und sofort im Abfluss verschwindet, einen signifikanten Aufpreis für Bio-Qualität zahlen? Aus rein pflegender Sicht ist der Nutzen begrenzt. Die Kontaktzeit ist zu kurz, als dass teure Bio-Öle oder -Extrakte ihre volle Wirkung entfalten könnten. Die Entscheidung für ein teureres Bio-Duschgel ist daher weniger eine Hautpflege- als vielmehr eine Umweltentscheidung.
Der Hauptunterschied zwischen einem konventionellen Duschgel vom Discounter und einem zertifizierten Naturkosmetik-Produkt liegt in den verwendeten Tensiden (Waschsubstanzen). Konventionelle Produkte setzen oft auf aggressive und günstige Sulfate (z.B. Sodium Laureth Sulfate), die die Haut austrocknen und in der Umwelt nur langsam abgebaut werden. Zertifizierte Bio-Duschgele verwenden milde Zuckertenside oder Kokostenside, die aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen werden, die Hautbarriere schonen und vollständig biologisch abbaubar sind. Der Aufpreis finanziert also primär eine geringere Belastung für Haut und Gewässer.
Der Preisunterschied, wie die folgende Tabelle für den deutschen Markt zeigt, ist erheblich. Ein Premium-Bio-Duschgel kann das Zehnfache eines Discounter-Produkts kosten.
Die Entscheidung hängt von der persönlichen Prioritätensetzung ab. Wer primär den Geldbeutel schonen will, ist mit einem günstigen Produkt ausreichend bedient. Wer jedoch einen Beitrag zum Gewässerschutz leisten und seine Hautbarriere schonen möchte, für den ist der Aufpreis für eine Drogerie-Eigenmarke wie Alverde (NATRUE-zertifiziert) ein sehr sinnvoller Kompromiss. Der Sprung zur teuren Premium-Bio-Marke bringt oft nur noch marginale Vorteile in Bezug auf die biologische Abbaubarkeit, bietet aber meist ein luxuriöseres Dufterlebnis und hochwertigere Pflegeöle.
| Kategorie | Preis pro 100ml | Biologische Abbaubarkeit | Zertifizierung |
|---|---|---|---|
| Discounter (Aldi/Lidl) | 0,40-0,60€ | Teilweise (Sulfate) | Keine |
| Drogerie-Eigenmarke (Alverde) | 0,80-1,20€ | Hoch (Zuckertenside) | NATRUE |
| Premium-Bio (Dr. Hauschka) | 3,50-5,00€ | Vollständig | NATRUE/Demeter |
Welche innovativen Materialien revolutionieren 2024 Ihren Kleiderschrank?
Der Gedanke der Nachhaltigkeit und Natürlichkeit, der die Kosmetikbranche prägt, erfasst längst auch die Modeindustrie. Ein ganzheitlicher Verbraucher-Audit endet nicht beim Badezimmerschrank, sondern setzt sich im Kleiderschrank fort. Ähnlich wie bei Kosmetika geht es darum, über oberflächliche „grüne“ Versprechen hinauszublicken und die wahre Innovationskraft und den ökologischen Fußabdruck von Materialien zu bewerten. Deutschland ist hier ein Vorreiter bei der Entwicklung zukunftsweisender Textilien, die den Kreislaufgedanken ernst nehmen.
Zwei herausragende Beispiele sind QMilk und SeaCell. Das deutsche Unternehmen QMilk hat ein Verfahren entwickelt, um aus nicht für den Verzehr geeigneter Milch Fasern herzustellen. Diese Proteinfasern sind nicht nur seidig weich und antibakteriell, sondern auch zu 100% biologisch abbaubar. Sie stellen eine nachhaltige Alternative zu erdölbasierten Synthetikfasern dar. Die Firma SeaCell, ebenfalls aus Deutschland, integriert wiederum pulverisierte Algen in Zellulosefasern (gewonnen aus Holz). Beim Tragen der Kleidung sollen die in den Algen enthaltenen Nährstoffe wie Vitamine und Mineralien an die Haut abgegeben werden – ein Konzept, das Hautpflege und Kleidung verschmelzen lässt.
Diese Materialien gehen weit über einfaches Bio-Baumwoll-Marketing hinaus. Sie repräsentieren einen Paradigmenwechsel hin zu einer echten Kreislaufwirtschaft, bei der Materialien so konzipiert sind, dass sie am Ende ihres Lebenszyklus entweder sicher in den biologischen Kreislauf zurückkehren oder hochwertig recycelt werden können (Cradle-to-Cradle-Prinzip). Beim Kauf solcher innovativer Textilien ist die richtige Pflege entscheidend, um ihre Langlebigkeit und Funktionalität zu erhalten. Oft erfordern sie schonendere Waschgänge bei niedrigeren Temperaturen und den Verzicht auf aggressive Bleichmittel.
Zertifizierte Naturkosmetik oder Apotheken-Marken: Was ist sicherer?
Die Frage nach der „sichereren“ Wahl zwischen zertifizierter Naturkosmetik und dermatologischen Marken aus der Apotheke ist komplex. Beide Konzepte verfolgen unterschiedliche Sicherheitsphilosophien. Es gibt keine pauschal richtige Antwort; die optimale Wahl hängt vom individuellen Hautzustand und den persönlichen Werten ab. Ein Audit beider Kategorien offenbart Stärken und Schwächen auf beiden Seiten.
Apothekenmarken (Dermokosmetik) legen ihren Fokus auf maximale Verträglichkeit und die Minimierung von Allergierisiken. Sie verzichten oft auf bekannte natürliche Allergene (wie ätherische Öle) und setzen auf hochreine, oft synthetisch hergestellte Inhaltsstoffe, deren Wirkung und geringes Reizpotenzial in klinischen Studien nachgewiesen wurde. Ihr Nachteil liegt oft im Umweltaspekt: Viele Formulierungen enthalten Silikone, Mineralöle oder Mikroplastik, die in zertifizierter Naturkosmetik streng verboten sind, da sie nicht biologisch abbaubar sind.
Zertifizierte Naturkosmetik hingegen definiert Sicherheit primär über die Natürlichkeit und ökologische Unbedenklichkeit der Inhaltsstoffe. Sie schließt alle erdölbasierten Substanzen, Silikone und Mikroplastik kategorisch aus. Ihr potenzieller Schwachpunkt ist, wie bereits erörtert, das Allergierisiko durch natürliche Duftstoffe und Pflanzenextrakte. Die folgende Sicherheitsmatrix verdeutlicht die unterschiedlichen Schwerpunkte.
Diese Gegenüberstellung wird durch die Ergebnisse von Produkttests untermauert. Stiftung Warentest fasst das Dilemma prägnant zusammen:
Eine Apothekenmarke kann wegen Mikroplastik und eine Naturkosmetikmarke wegen allergener Duftstoffe abgewertet werden.
– Stiftung Warentest, Vergleichstest Naturkosmetik 2024
| Sicherheitsaspekt | Zertifizierte Naturkosmetik | Apothekenmarken |
|---|---|---|
| Allergierisiko | Mittel (natürliche Allergene) | Niedrig (hypoallergene Formulierung) |
| Langzeitrisiken | Sehr niedrig | Variabel (je nach Inhaltsstoffen) |
| Umweltsicherheit | Sehr hoch | Mittel |
| Mikroplastik | Ausgeschlossen | Teilweise vorhanden |
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Siegel definiert Regeln, nicht Perfektion. „Natürlich“ ist ein dehnbarer Begriff, der durch den hohen Wasseranteil legal ausgenutzt wird.
- Der Umstieg auf Naturkosmetik ist ein Prozess. Die Haut braucht etwa vier Wochen, um ihre Eigenregulation wiederzufinden.
- „Natürlich“ ist nicht synonym mit „hypoallergen“. Ätherische Öle sind potente Allergene, auch in Bio-Produkten.
- Die Wahl der Verpackung (z.B. Airless-Spender) ist ein ebenso wichtiges Qualitätsmerkmal wie die Inhaltsstoffe selbst.
Drogerie oder Parfümerie: Wo lohnt sich der Aufpreis für Schönheitsprodukte wirklich?
Nachdem die Fallstricke der Siegel und Inhaltsstoffe auditiert wurden, stellt sich die finale Frage der Preis-Leistung. Lohnt es sich, für ein Serum aus der Parfümerie 80 € auszugeben, wenn ein zertifiziertes Produkt aus der Drogerie nur 8 € kostet? Die Antwort lautet: Es kommt darauf an, wofür. Ein intelligenter Verbraucher-Audit unterscheidet zwischen Basis-Pflege und hochkonzentrierter Spezial-Pflege.
Bei Grundpflegeprodukten wie Reinigungslotionen, einfachen Feuchtigkeitscremes oder Körperlotionen ist der Aufpreis für Luxusmarken oft nicht gerechtfertigt. Die Basis-Inhaltsstoffe – Wasser, Glycerin, einfache Pflanzenöle wie Sonnenblumen- oder Sojaöl – sind bei den günstigen Eigenmarken deutscher Drogerien (z.B. Alverde, Alterra) und teuren Premium-Marken oft identisch. Die Funktionalität einer Reinigung oder einer Basishydratation wird durch einen teureren Marken-Namen nicht signifikant verbessert. Hier erzielt man mit Drogerieprodukten ein exzellentes Preis-Leistungs-Verhältnis.
Der Aufpreis kann sich jedoch bei Spezialprodukten lohnen. Dazu gehören Seren mit hohen Konzentrationen an innovativen Wirkstoffen (z.B. Bakuchiol, spezielle Peptide, stabilisiertes Vitamin C) oder Anti-Aging-Cremes mit komplexen Formulierungen und aufwendig hergestellten Extrakten. Diese Produkte erfordern mehr Forschung, teurere Rohstoffe und oft aufwendigere Herstellungsprozesse. Eine Marktanalyse zeigt, dass Preisaufschläge von 300 bis 500% bei Luxusmarken keine Seltenheit sind, was nicht immer durch die Formulierung gerechtfertigt ist. Ein kritischer Blick auf die Wirkstoffkonzentration ist hier entscheidend. Der Grundsatz lautet:
- Sparen (SAVE): Bei Produkten, deren Funktion im Vordergrund steht und die nur kurz auf der Haut verbleiben (Reinigung) oder eine simple Aufgabe erfüllen (Basispflege).
- Investieren (SPLURGE): Bei Produkten, die ein spezifisches Hautproblem mit hochkonzentrierten, innovativen Wirkstoffen adressieren sollen (Seren, Spezialcremes).
Beginnen Sie noch heute damit, diese Audit-Techniken anzuwenden. Treffen Sie beim nächsten Einkauf eine Entscheidung, die nicht auf einem vagen Gefühl oder einem schönen Logo basiert, sondern auf Fakten, Transparenz und einem tiefen Verständnis für die wahre Qualität eines Kosmetikprodukts.
Häufige Fragen zum Thema Naturkosmetik und Siegel
Bedeutet ’natürlich‘ automatisch ‚hypoallergen‘?
Nein, natürliche Inhaltsstoffe wie Kamille oder Arnika können starke Allergene sein. Der Begriff ’natürlich‘ bezieht sich auf die Herkunft, nicht auf das Reaktionspotenzial auf der Haut.
Gibt es parfümfreie zertifizierte Naturkosmetik?
Ja, zahlreiche Marken im deutschen Markt bieten spezielle „sensitiv“ oder „parfümfrei“ Linien an, die den strengen Kriterien der Siegel entsprechen, aber auf jegliche Duftstoffe verzichten. Beispiele sind i+m ‚Freistil Sensitiv‘ und Santaverde ‚pure‘.
Wie erkenne ich allergene Stoffe in der INCI-Liste?
Die 26 deklarationspflichtigen allergenen Duftstoffe müssen immer am Ende der INCI-Liste (Liste der Inhaltsstoffe) einzeln aufgeführt werden. Achten Sie auf Begriffe wie Linalool, Geraniol, Limonene oder Citronellol.